Am 30.10.2021 ist ein schöner Beitrag über meine Frau und mich in der Sonderausgabe PlanetW der Wuppertaler Rundschau erschienen. Nach Absprache mit der Redakteurin, die den Text geschrieben hat, darf ich diesen hier ebenfalls veröffentlichen. Wie fühlt es sich an, den Wandel, den uns der Erhalt unserer Welt abringen wird, im Alltag bereits jetzt zu leben? Rosanna und Malte Reiter aus Elberfeld haben es sich zur Aufgabe gemacht, ihr Leben umzustellen. Sie fahren zwei E-Autos, kaufen nur noch ökologisch und regional ein. In ihrem Garten sind Hochbeete und ein Hühnerstall entstanden. Für planetW erzählen sie, warum sie sich für ein nachhaltiges Leben entschieden haben und wie dieses neue Bewusstsein ihr Wohlbefinden steigert.
Unser Leben wurde entspannter
Rosanna und Malte Reiter leben und arbeiten in einer umgebauten, ehemaligen evangelischen Kirche am Deckershäuschen und haben ihr Leben umgestellt. Zwischen Hühnern und Hochbeeten erzählen sie von kleinen Stellschrauben, die ihren Alltag verändert und verbessert haben.
Ein Leben im Sinne der Nachhaltigkeit. Das klingt für manch einen furchtbar anstrengend. „Für uns fühlt es sich so gar nicht anstrengend an. Eher entspannt“, sagt Rosanna Reiter, während die Zwerghühner um ihre Füße picken und leise gurren. Die Naturkosmetikerin und ihr Mann, Hochzeitsfotograf Malte Reiter, haben am Uellendahl eine evangelische Kirche zu ihrem Wohn- und Arbeitsort umgebaut. Und nun stellen sie seit einigen Jahren mehr und mehr ihr Leben um. Ihr Ziel: Schlichtweg mit sich und dem Umfeld im Reinen zu sein, in der Nachbarschaft, der Welt, hier in Wuppertal.
Start der Nachhaltigkeit begann mit Elektroauto
Die Geschichte des jungen Ehepaars und der Nachhaltigkeit begann nicht mit dem Hühnerstall, der am Hang ihres Gartens vor zwei Jahren entstanden ist, sondern am Fuße des Grundstücks, eher unromantisch, mit der Installation einer sogenannten Wallbox, einer Ladestation für Elektroautos.
Die steht dort, integriert in eine Natursteinmauer, bereits seit 2018. Und mit dem dazugehörigen Auto, einem
Smart, machte sich der Hochzeitsfotograf für viele zum Exoten. „Vor drei Jahren war ein E-Auto wirklich ungewöhnlich“, erinnert sich Malte Reiter.
Lohnt sich das? Und ist ein E-Auto nicht enorm umständlich? Ja, lohnt, total. Und umständlich, nein, im Gegenteil, antwortete der Wuppertaler stets überzeugt. „Ich war selbst überrascht, wie viel ich durch das Auto einspare. Und wie komfortabel das Fahren ist.“ Denn trotz Wallbox am Eigenheim lädt Malte Reiter in Wuppertal meistens unterwegs. Während er im Fitnessstudio trainiert oder einkaufen ist, füllt sich die Batterie auf den Parkplätzen an öffentlichen Ladestationen ganz kostenfrei auf. Vielleicht wird dieser Service mal etwas kosten, beäugen die Skeptiker. „Aber bis dahin habe ich drei Jahre fast umsonst getankt“, sagt Malte Reiter und lacht.
Spätestens mit dem zweiten E-Auto, einem Kia e-Niro, zog bei Reiters zuhause eine elementare Frage ein. Was geht in unserem Leben noch umweltfreundlicher? Im Garten pflanzten sie Gemüse und Obst an, in die Küche kamen ausschließlich Bio-Lebensmittel. Zum Einkaufen fährt das Ehepaar ins nahe gelegene Windrather Tal, wo Bio-Betriebe in ihren Hofläden Fleisch, Käse sowie Obst und Gemüse aus eigener Produktion anbieten. Und damit die Nachbarn nicht auch noch das Auto anschmeißen müssen, kaufen sie gerne für andere mit ein.
Hühnerhaltung hinterm Haus
Die Nachbarschaft brachte dann auch noch einen weiteren großen Umschwung – und 13 neue Freunde – in das Leben der Reiters. „Jemand aus unserer Siedlung erzählte, er habe Hühner. Und wir waren sofort begeistert“, erzählt Rosanna Reiter. Aber was brauchen Hühner? Wie ticken die überhaupt? Welche Rassen sind geeignet? Und wie können wir mit ihnen gut zusammenleben? Malte und Rosanna begannen sich einzulesen. Und bauten schließlich vor zwei Jahren einen Stall in ihren Garten. Seitdem leben sie mit Zwerg-Bielefeldern, Zwerg-Barneveldern und Zwerg-Wyandotten zusammen. „Die Hühner legen Eier und bringen totale Entspannung in unseren Alltag“, erzählt die 33-Jährige. Fast jede Mittagspause verbringt das selbstständige Unternehmerpärchen im Hühnerauslauf und beobachtet Daisy und Co. beim Scharren und Picken.
Mehr Nachhaltigkeit, mehr Zufriedenheit. Ob es anderen auch wie den Reiters geht? „Ich habe Hoffnung für diese Gesellschaft“, sagt Malte Reiter. „Die Demonstranten von Fridays for Future haben gezeigt, dass Umdenken gesamtgesellschaftlich möglich ist.“ Und wenn die jungen Aktivisten bei der nächsten Wahl mitentscheiden dürfen, hofft der Fotograf, dann werde sich auch in der Politik endlich Entscheidendes ändern. Bis dahin bleibt es bei jedem selbst, seinen Beitrag zu leisten. Erst heute, sagt Malte Reiter, habe ihn auf dem Supermarkt-Parkplatz ein Handwerker auf sein Auto angesprochen, nicht skeptisch, sondern neugierig. Wie funktioniert das eigentlich? Und kämen E-Fahrzeuge nicht auch für seinen Betrieb infrage? Da geht doch gerade was. Wenn auch zunächst im Kleinen. „Stellschraube für Stellschraube“, sagt Malte Reiter. Und schaut zuversichtlich auf seine Hühner.
An dieser Stelle nochmal vielen Dank an die Wuppertaler Rundschau, dass ich den Beitrag auf meinem Blog veröffentlichen darf!